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Kaiser Karl I., Kaiserin Zita und die Wiener Fronleichnamsprozession 1918
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2 Tage 14 Stunden her - 2 Tage 12 Stunden her #70
von ADLERWien
Kaiser Karl I., Kaiserin Zita und die Wiener Fronleichnamsprozession 1918 wurde erstellt von ADLERWien
Unter dem Baldachin der Geschichte
Wiener Fronleichnamsprozession 1918: Ritual, Rang und Atmosphäre des Kriegsjahres
(c) ÖNB Digital
Weitere Bilder zur Fronleichnamsprozession ÖNB Digital abrufbar.
Prolog: Das Bild, das bleibt
Heldenplatz, 30. Mai 1918. Unter dem Baldachin des ersten Altars der Hofburgpfarre stehen Kaiser Karl I. und Kaiserin Zita. Ein klarer Augenblick, eingefangen im Foto der Österreichischen Nationalbibliothek: Ort, Datum und Personen sind unmissverständlich festgehalten. Dieses Bild ist der feste Anker, von dem die folgende Erzählung ausgeht – es lässt uns den Klang des Rituals im letzten Kriegsjahr sehen. [1]
1918 im Überblick: Politik, Krieg, Gesellschaft
Friedensbemühungen - Vertrauen, Glaubwürdigkeit.
Im April 1918 erschütterte die Sixtus-Affäre Karls Glaubwürdigkeit. Das Bekanntwerden seiner geheimen Friedensbemühungen traf ihn hart: In der Entente galt er als wenig verlässlich, in Berlin als unsicherer Partner. Außenminister Czernin musste zurücktreten, Zita geriet ins Kreuzfeuer öffentlicher Angriffe. In diesem Klima fand die Fronleichnamsprozession statt. [5][6]
Soziale Erosion.
Der Jännerstreik mit Hunderttausenden Beteiligten hatte bereits gezeigt, wie tief die Kriegsmüdigkeit saß. Hunger, Mangel und Erschöpfung prägten die Stimmung. [7]
Zerfallende Loyalitäten.
Nationalismen, Versorgungsengpässe und politische Krisen zersetzten das Reich. Gerade deshalb gewann ein sichtbar geordnetes, öffentliches Sakralritual besondere Bedeutung: als Moment gemeinsamer Choreographie. [2][3]
Tradition & Bedeutung: Warum das Kaiserpaar „trotz allem“ teilnimmt
Der Stadtumgang als Topographie des Glaubens.
Seit dem Mittelalter zieht die Fronleichnamsprozession durch Wien. Stationen wie Michaelerkirche, Peterskirche und Stephansdom tragen Evangelium und Segen an neuralgische Punkte der Stadt – Theologie wird in den öffentlichen Raum getragen. [2][3]
Warum kaiserliche Präsenz zählt.
Die Nähe des Hofes zur Monstranz verband Eucharistie und Dynastie. 1918 erhielt diese Geste ein besonderes Gewicht: Sie signalisierte Kontinuität in der Krise und das Versprechen, dass Ordnung noch möglich war. Das Foto des ÖNB bestätigt die reale Anwesenheit von Karl und Zita. [1]
Kriegsjahr-Modus.
Prunk war gedämpft, doch die Ordnung blieb gewahrt. Die Leitung der Feier oblag – wie üblich – dem Wiener Erzbischof, 1918 Kardinal Friedrich Gustav Piffl. [4]
Die Prozession: Ablauf, Bräuche, Bedeutungen Zugordnung in Wien.
An der Spitze Kreuz und Leuchter, dann Bruderschaften und Orden, gefolgt von den Pfarren der Inneren Stadt, städtischen Kollegien und militärischen Abordnungen. Den Mittelpunkt bildete der „Himmel“ mit der Monstranz, getragen vom Erzbischof und Hofgeistlichen. Das Kaiserpaar folgte mit engem Hofstaat. [2][4]
Die Stationen.
Nähe zum Sakrament bedeutete Nähe zum Souverän – und damit Rang.
Sternkreuzorden
Der Sternkreuzorden ist seit 1668 der höchste Damenorden am habsburgischen Hof (Gründerin: Kaiserin Eleonora). Sein geistlicher Fokus – Verehrung des Heiligen Kreuzes – berührt das, was Fronleichnam sichtbar macht: die Realpräsenz Christi. [2][3]
Bis 1918 amtierte Erzherzogin Maria Josepha (Karls Mutter) als Höchste Schutzfrau; danach führte Zita den Orden weiter. Damit verläuft ein unmittelbarer dynastischer Faden von Ordensspiritualität zur Hofnähe der Kaiserinnen. [3]
In der Prozession stehen Sternkreuzdamen (oft ident mit Hofdamen) sichtbar in Kaiserin-Nähe: als Zeuginnen der Frömmigkeit, als soziale Elite mit strenger Ahnenprobe und als Trägerinnen eines Ordens, der Kreuzesverehrung und Werke der Barmherzigkeit programmatisch verbindet. [2][3]
Die Leibgarden
Auftritte des Kaisers wurden seit jeher von Garden begleitet. Die Erste Arcieren-Leibgarde (aus höheren Offizieren) und die königlich-ungarische Leibgarde galten als die vornehmsten Formationen. Ihre Präsenz bei Fronleichnam ist durch Bild- und Objektquellen belegt. [9–12][14]
Quellennachweis (Auswahl, Online)
[1] ÖNB Digital, Bildarchiv: Fronleichnamsprozession mit Karl I. und Zita, 30. 05. 1918, Heldenplatz.
[2] Wien Geschichte Wiki: „Fronleichnam“.
[3] ORF religion: „Fronleichnam: Prozessionen in ganz Österreich“ (2022).
[4] Wien Geschichte Wiki: „Friedrich Gustav Piffl“.
[5] Habsburger.net: „Die Sixtus-Affäre: Ein diplomatischer Super-GAU“.
[6] Wikipedia: „Sixtus-Affäre“.
[7] Wien Geschichte Wiki: „Jännerstreik“.
[8] Filmarchiv Austria: DVD „1918: Augenblicke der Geschichte“.
[9–14] Diverse Quellen zu Arcieren- und ungarischer Leibgarde.
[13] Heraldisch-Genealogische Gesellschaft ADLER, Forum: Sitzliste AH-Déjeuner 1. Juni 1918.
[16] Habsburger.net: „Historic rallies on Heldenplatz“.
Wiener Fronleichnamsprozession 1918: Ritual, Rang und Atmosphäre des Kriegsjahres
(c) ÖNB Digital
Weitere Bilder zur Fronleichnamsprozession ÖNB Digital abrufbar.
Prolog: Das Bild, das bleibt
Heldenplatz, 30. Mai 1918. Unter dem Baldachin des ersten Altars der Hofburgpfarre stehen Kaiser Karl I. und Kaiserin Zita. Ein klarer Augenblick, eingefangen im Foto der Österreichischen Nationalbibliothek: Ort, Datum und Personen sind unmissverständlich festgehalten. Dieses Bild ist der feste Anker, von dem die folgende Erzählung ausgeht – es lässt uns den Klang des Rituals im letzten Kriegsjahr sehen. [1]
1918 im Überblick: Politik, Krieg, Gesellschaft
Friedensbemühungen - Vertrauen, Glaubwürdigkeit.
Im April 1918 erschütterte die Sixtus-Affäre Karls Glaubwürdigkeit. Das Bekanntwerden seiner geheimen Friedensbemühungen traf ihn hart: In der Entente galt er als wenig verlässlich, in Berlin als unsicherer Partner. Außenminister Czernin musste zurücktreten, Zita geriet ins Kreuzfeuer öffentlicher Angriffe. In diesem Klima fand die Fronleichnamsprozession statt. [5][6]
Soziale Erosion.
Der Jännerstreik mit Hunderttausenden Beteiligten hatte bereits gezeigt, wie tief die Kriegsmüdigkeit saß. Hunger, Mangel und Erschöpfung prägten die Stimmung. [7]
Zerfallende Loyalitäten.
Nationalismen, Versorgungsengpässe und politische Krisen zersetzten das Reich. Gerade deshalb gewann ein sichtbar geordnetes, öffentliches Sakralritual besondere Bedeutung: als Moment gemeinsamer Choreographie. [2][3]
Tradition & Bedeutung: Warum das Kaiserpaar „trotz allem“ teilnimmt
Der Stadtumgang als Topographie des Glaubens.
Seit dem Mittelalter zieht die Fronleichnamsprozession durch Wien. Stationen wie Michaelerkirche, Peterskirche und Stephansdom tragen Evangelium und Segen an neuralgische Punkte der Stadt – Theologie wird in den öffentlichen Raum getragen. [2][3]
Warum kaiserliche Präsenz zählt.
Die Nähe des Hofes zur Monstranz verband Eucharistie und Dynastie. 1918 erhielt diese Geste ein besonderes Gewicht: Sie signalisierte Kontinuität in der Krise und das Versprechen, dass Ordnung noch möglich war. Das Foto des ÖNB bestätigt die reale Anwesenheit von Karl und Zita. [1]
Kriegsjahr-Modus.
Prunk war gedämpft, doch die Ordnung blieb gewahrt. Die Leitung der Feier oblag – wie üblich – dem Wiener Erzbischof, 1918 Kardinal Friedrich Gustav Piffl. [4]
Die Prozession: Ablauf, Bräuche, Bedeutungen Zugordnung in Wien.
An der Spitze Kreuz und Leuchter, dann Bruderschaften und Orden, gefolgt von den Pfarren der Inneren Stadt, städtischen Kollegien und militärischen Abordnungen. Den Mittelpunkt bildete der „Himmel“ mit der Monstranz, getragen vom Erzbischof und Hofgeistlichen. Das Kaiserpaar folgte mit engem Hofstaat. [2][4]
Die Stationen.
- Liturgisch: Jede Station brachte Verkündigung, Tantum ergo und Segen – so wurde die urbane Mitte sakralisiert. [3]
- Politisch-symbolisch: Der Hof „ging die Stadt ab“. Nähe wurde sichtbar – 1918 ein klares Statement. [2]
Nähe zum Sakrament bedeutete Nähe zum Souverän – und damit Rang.
Sternkreuzorden
Der Sternkreuzorden ist seit 1668 der höchste Damenorden am habsburgischen Hof (Gründerin: Kaiserin Eleonora). Sein geistlicher Fokus – Verehrung des Heiligen Kreuzes – berührt das, was Fronleichnam sichtbar macht: die Realpräsenz Christi. [2][3]
Bis 1918 amtierte Erzherzogin Maria Josepha (Karls Mutter) als Höchste Schutzfrau; danach führte Zita den Orden weiter. Damit verläuft ein unmittelbarer dynastischer Faden von Ordensspiritualität zur Hofnähe der Kaiserinnen. [3]
In der Prozession stehen Sternkreuzdamen (oft ident mit Hofdamen) sichtbar in Kaiserin-Nähe: als Zeuginnen der Frömmigkeit, als soziale Elite mit strenger Ahnenprobe und als Trägerinnen eines Ordens, der Kreuzesverehrung und Werke der Barmherzigkeit programmatisch verbindet. [2][3]
Die Leibgarden
Auftritte des Kaisers wurden seit jeher von Garden begleitet. Die Erste Arcieren-Leibgarde (aus höheren Offizieren) und die königlich-ungarische Leibgarde galten als die vornehmsten Formationen. Ihre Präsenz bei Fronleichnam ist durch Bild- und Objektquellen belegt. [9–12][14]
Quellennachweis (Auswahl, Online)
[1] ÖNB Digital, Bildarchiv: Fronleichnamsprozession mit Karl I. und Zita, 30. 05. 1918, Heldenplatz.
[2] Wien Geschichte Wiki: „Fronleichnam“.
[3] ORF religion: „Fronleichnam: Prozessionen in ganz Österreich“ (2022).
[4] Wien Geschichte Wiki: „Friedrich Gustav Piffl“.
[5] Habsburger.net: „Die Sixtus-Affäre: Ein diplomatischer Super-GAU“.
[6] Wikipedia: „Sixtus-Affäre“.
[7] Wien Geschichte Wiki: „Jännerstreik“.
[8] Filmarchiv Austria: DVD „1918: Augenblicke der Geschichte“.
[9–14] Diverse Quellen zu Arcieren- und ungarischer Leibgarde.
[13] Heraldisch-Genealogische Gesellschaft ADLER, Forum: Sitzliste AH-Déjeuner 1. Juni 1918.
[16] Habsburger.net: „Historic rallies on Heldenplatz“.
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